Neue Perspektiven durch das reformierte Einwanderungsgesetz in Deutschland

Autor: Anas Haj Hasan
Erstellt / zuletzt geändert:

In den Medien wird zunehmend über die Reform des deutschen Einwanderungsgesetzes berichtet – ein Thema, das insbesondere für ausländische Fachkräfte von großer Bedeutung ist. Während das ursprüngliche Fachkräfteeinwanderungsgesetz bereits im Jahr 2020 in Kraft trat, folgte im Januar 2023 eine umfassende Überarbeitung, die unter dem Titel „neues Einwanderungsgesetz“ bekannt wurde. Erste Regelungen wurden bereits im November 2023 umgesetzt, die vollständige Inkraftsetzung aller Bestimmungen erfolgte im März 2024.

Weniger Hürden für Fachkräfte

Mit der Neufassung des Gesetzes verfolgt die deutsche Regierung das Ziel, qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt deutlich zu erleichtern. Das Verfahren zur Visumerteilung wurde in weiten Teilen vereinfacht, bürokratische Anforderungen reduziert und die rechtlichen Voraussetzungen für die Einreise und Beschäftigung überarbeitet. Insbesondere Personen mit einer im Ausland erworbenen beruflichen oder akademischen Qualifikation sollen künftig schneller und unkomplizierter ein Visum erhalten – vorausgesetzt, ihre Abschlüsse können grundsätzlich in Deutschland anerkannt werden.

Hintergrund dieser Reform ist der anhaltend hohe Bedarf an Arbeitskräften in verschiedenen Branchen. Jährlich werden rund 400.000 zusätzliche Fachkräfte benötigt, um dem demografischen Wandel und der wachsenden Zahl an Renteneintritten entgegenzuwirken. Die rückläufige Geburtenrate, der damit verbundene Mangel an Nachwuchskräften und die Abwanderung bereits in Deutschland tätiger Fachkräfte ins Ausland führen dazu, dass es in essenziellen Bereichen wie dem Gesundheitswesen, der Technik oder dem Dienstleistungssektor zu personellen Engpässen kommt.

Konkrete gesetzliche Neuerungen

Ein zentrales Element der Gesetzesänderung ist die Abschaffung der sogenannten Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit. Damit entfällt die bisherige Verpflichtung, vor der Einstellung einer ausländischen Fachkraft zunächst zu prüfen, ob eine vergleichbar qualifizierte Person aus Deutschland oder der EU zur Verfügung steht. Darüber hinaus wurde es qualifizierten Fachkräften ermöglicht, nicht nur in ihrem ursprünglich erlernten Beruf tätig zu werden, sondern je nach Qualifikationsprofil auch in verwandten oder nicht reglementierten Berufen zu arbeiten. Voraussetzung dafür ist weiterhin eine Anerkennung oder zumindest Teilanerkennung ihrer beruflichen Qualifikation.

Auch der Zugang zur unbefristeten Niederlassungserlaubnis wurde erleichtert. Wer als qualifizierte Fachkraft nach Deutschland kommt, kann diese nun bereits nach vier Jahren beantragen – bislang waren dafür fünf Jahre erforderlich. 

Verbesserung für Gesundheitsfachkräfte

Für Gesundheitsfachkräfte bringt die Reform deutliche Vorteile. Das Anerkennungsvisum nach § 16d ermöglicht nun einen Aufenthalt von bis zu zwei Jahren mit der Möglichkeit einer einjährigen Verlängerung, um die berufliche Anerkennung in Deutschland erfolgreich abzuschließen. Neu ist außerdem, dass Inhaber eines Visums nach § 16d oder § 16f während ihres Aufenthalts bis zu 20 Stunden pro Woche außerhalb des medizinischen Bereichs arbeiten dürfen. Das eröffnet zusätzliche finanzielle und praktische Spielräume während der Anerkennungs- und Qualifizierungsphase. Auch bei der sogenannten „Blauen Karte EU”, die den Zugang für besonders qualifizierte Drittstaatsangehörige erleichtert, gab es eine spürbare Anpassung: Das erforderliche Jahresgehalt wurde auf 41.041,80 Euro gesenkt – ein Schritt, der die Attraktivität dieses Aufenthaltstitels deutlich erhöht.

Die Chancenkarte als neues Einwanderungsprogramm

Ein besonders innovatives Element der Reform ist die sogenannte Chancenkarte, die auf einem Punktesystem basiert. Mit diesem Modell erhalten ausländische Fachkräfte die Möglichkeit, auch ohne konkretes Arbeitsplatzangebot nach Deutschland einzureisen – sofern sie bestimmte Kriterien erfüllen. Punkte werden unter anderem für Bildungsabschlüsse, Sprachkenntnisse in Deutsch oder Englisch, relevante Berufserfahrung, das Alter und die Anpassungsfähigkeit an den deutschen Arbeitsmarkt vergeben. Besonders gefragt sind Bewerber unter 35 Jahren, wobei auch Personen bis maximal 40 Jahren berücksichtigt werden. Wer mindestens sechs Punkte erreicht, kann die Chancenkarte beantragen. Sie berechtigt zum Aufenthalt für bis zu einem Jahr und erlaubt es, während dieser Zeit bis zu 20 Stunden pro Woche zu arbeiten und nach einer dauerhaften Stelle zu suchen.

 

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